Beate Sander, eine der erfolgreichsten Privatanlegerinnen Deutschlands ist bekannt für ihre flotten Sprüche. Einen davon werde ich dir heute vorstellen und erklären, welche Wahrheit sich dahinter verbirgt.
„Meide die gefährlichen vier – Euphorie, Angst, Panik, Gier“
Wir Menschen sind emotionale Wesen. Das ist mittlerweile wissenschaftlich bewiesen. Allerdings glaubt die Mehrheit, dass sie sich ausschließlich von ihrem Verstand leiten lassen. Das scheint auf den ersten Blick auch logisch und vernünftig zu sein. Schließlich denke wir den ganzen Tag vor uns hin, analysieren Probleme, suchen nachdenklich nach Lösungen für alles mögliche und „zerbrechen uns den Kopf“.
Dabei treffen Menschen mehr als 95% ihrer Entscheidungen emotional und „aus dem Bauch heraus“. Das gilt nicht nur für alltägliche Entscheidungen wie z.B.: Was ziehe ich heute an? Oder Wohin fahren wir in Urlaub? Sondern auch für größere Entscheidungen, z.B. Wie lege ich mein Geld an? Welche Aktien oder Fonds kaufe ich für meinen langfristigen Vermögensaufbau? Kaufe ich eine Immobilie, wenn ja zum selbst bewohnen oder zum vermieten? Lasse ich mich beraten und wenn ja von wem? Gehe ich zu einer Bank oder einem/r unabhängigen Berater/in? All das sind Entscheidungen, die wir nicht zuletzt auch aus dem Bauch heraus treffen. Wir rechtfertigen unsere Entscheidung im Nachhinein mit rationalen Gründen, um unserem Verstand recht zu geben.
An der Börse sind emotionale Entscheidungen allgegenwärtig, denn an der Börse werden Erwartungen gehandelt und diese Erwartungen bestehen nun mal nicht nur aus Fakten.
Vermeide Euphorie: Eine euphorische Stimmung an der Börse ist meiner Erfahrung nach immer ganz gefährlich. Ich erinnere mich noch gut an die Euphorie um die T-Aktie Ende der 90er Jahre. Die T-Aktie wurde gehypt wie noch keine andere Aktie vor ihr. Aus deutschen Sparern sollte in wenigen Monaten ein Volk von Aktionären gemacht werden. Anfangs sah das Projekt auch ganz vielversprechend aus. Viele Sparer kauften T-Aktien wie wild und setzen oft ihre gesamten Ersparnisse ein. Sparschweine wurden geplündert, Sparverträge aufgelöst, ja sogar Kredite wurden aufgenommen, um Aktienkäufe zu finanzieren. Die Stimmung war aufgeheizt und mehr als euphorisch. Das ganze ging gut bis in den Monat März des Jahres 2000. Damals erreichte die T-Aktie ihr Allzeithoch von EUR 103. Danach folgte der Absturz. Die Telekom-Anleger verloren immenses Geld, fuhren gigantische Verluste ein. Dieses traurige Kapitel deutscher Börsengeschichte war nicht zuletzt der großen Euphorie geschuldet, die innerhalb weniger Monate von Banken und Medien in Gang gesetzt wurde. Deshalb ist Euphorie bei der Geldanlage immer ein schlechter Ratgeber.
Vermeide Angst: Angst im Zusammenhang mit Aktien und Börse sind für mich ein typisch deutsches Phänomen. In anderen Ländern gibt es zwar auch ängstliche Anleger, aber nirgendwo auf der Welt ist sie so weit verbreitet wie in Deutschland.
Angst führt dazu, dass Menschen ihr Geld gar nicht erst anlegen, sondern auf dem Sparbuch oder unter ihrem Kopfkissen verrotten lassen. Angst ist bei Aktiengeschäften fehl am Platz. Warum? Weil Aktienanalyse und das Investieren in dieselben ein logischer und rationaler Prozess ist. Angst führt dazu, dass Sparern Gewinne entgehen, die sie langfristig dringend bräuchten. Die Inflation nagt genauso wie die Null-Zinsen an den Ersparnissen und lässt die Kaufkraft schmelzen wie Butter in der Sonne. Angst lässt die Menschen im komatösen Nichtstun verharren und verhindert, dass sich eben diese Anleger auch als Rentner noch ein schönes Leben leisten können.
Vermeide Panik: Als die Börsen durch die Corona-Krise im März im Sinkflug nach unten gingen, machte sich Panik breit. Viele Anleger, auch institutionelle Investoren verkauften in Panik. Auch einige Privatanleger bekamen kalte Füße und liquidierten ihr gesamtes Depot. Keiner meiner Kunden kam auf die absurde Idee, sein Depot zu liquidieren. Ich hätte ihm auch dringend abgeraten.
Niemand konnte jedoch vorhersehen, dass sich die Kurse so bald wieder erholten. Der aufmerksame Investor hat indes bemerkt, dass diese Krise nur ganz wenig mit der Realität zu tun hatte. Es war eine drastische Übertreibung nach unten. In solchen Situationen versuche ich immer, ganz ruhig zu bleiben und die Phase auszusitzen. Ich weiß dass der Schmerz vorübergehen wird. Besser ist es, die gefallenen Kurse zum günstigen Nachkaufen zu nutzen. Das sagt sich im nachhinein zwar immer leicht, aber in Tiefphasen in Panik verkaufen macht nun wirklich gar keinen Sinn.
Vermeide Gier: Ist das genial: das Aktiendepot liegt deutlich im Plus, deine Fonds weisen ebenfalls satte Gewinne aus und dem schnellen Gewinn scheint nichts im Wege zu stehen. Allzu schnell neigen Anleger dazu, sich selbst zu überschätzen und gierig zu werden. Das kann dazu führen, unkontrolliert Risiken einzugehen und sogenannten heißen Tipps zu folgen. Der Schuss kann ganz schnell nach hinten losgehen. Alle Börsenblasen waren zu einem Großteil „Gier-getrieben“. Allen voran die dot-com-Blase Ende der 90er Jahre, die 2003 mit einem historischen Tiefstand im DAX jäh zu Ende ging.
Ich bin eher dafür, Maß zu halten und nicht blind dem nächst besten heißen Tip hinterher zu jagen. Auch eine Wirecard galt lange als heißer Tip. Was mit der Firma passiert ist, konntest du seit Juni in allen Zeitungen lesen.
Deshalb mein Rat an dich: Streue dein Portfolio und setze nicht alles auf einige wenige Aktien. Womit wir beim nächsten Spruch von Beate Sander wären:
„Breit gestreut – nie bereut!“
Darüber schreibe ich dir nächste Woche. Bis dahin alles Gute für dich.