Wer denkt schon gerne über Schicksalsschläge oder Unglücksfälle nach, die einen ereilen könnten? Ich kenne niemanden. Nichts desto trotz ist es wichtig, für den Fall der Fälle gewappnet zu sein. Das ist nicht nur für die persönliche Existenz, sondern vor allem auch für die finanzielle Sicherheit wichtig.
Ein prominenter Fall ist die Geschichte der Familie Tarnigk. Der Ehemann Peter Tarnigk hatte vor Jahren einen Arbeitsunfall, bei dem er lebensgefährlich verletzt wurde. Seitdem liegt er im Wachkoma. Bei der Heirat hatte er eine Unfallversicherung über EUR 300.000 abgeschlossen, um seine Frau und seine drei Kinder abzusichern. Die Unfallversicherung zahlte das Geld zwar aus, allerdings darf Frau Tarnigk nicht über das Geld verfügen. Das Ehepaar hatte versäumt, eine Vorsorgevollmacht einzurichten. Damit wurde ein gerichtlicher Betreuer für Herrn Tarnigk eingesetzt mit der Folge, dass Frau Tarnigk für jegliche Ausgabe einen Antrag bei Gericht stellen muss. Die Pflege für einen Menschen im Wachkoma ist aufwendig und teuer. Frau Tarnigk muss für alle Kosten in Vorlage treten, obwohl das Geld aus der Unfallversicherung da wäre.
Es gibt dazu auf Youtube ein kurzes Video, das den Fall anschaulich darstellt. Schauen Sie hier das Video an.
Man kann es sich kaum vorstellen, jedoch gilt: so ist die Rechtslage. Wer keine Vorsorge für den Ernstfall getroffen hat, bekommt für den Fall, dass er nicht mehr für sich selbst entscheiden kann, einen gerichtlich bestellten Betreuer zugewiesen. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man verheiratet ist. Eheleute sind nicht automatisch vertretungsberechtigt.
Was genau bewirkt eine Vorsorgevollmacht:
- Sie schützt das Recht auf Selbstbestimmung. Mit der Benennung einer Ihnen nahestehenden Person (Ehepartner, Kinder oder ein anderer Mensch) wird sichergestellt, dass diese Person Ihre Angelegenheiten regelt, wenn Sie nicht mehr für sich selbst entscheiden können.
- Gerichte sind überlastet und zudem nicht die aller schnellsten. Es kann zu teuren Verzögerungen von wichtigen Entscheidungen kommen, mit einer Vorsorgevollmacht können diese vermieden werden.
- Der Bevollmächtigte kann sofort rechtskräftig handeln, etwa bei medizinischen Entscheidungen, Behördengängen oder finanziellen Angelegenheiten. Dazu zählen auch die Verfügung über Depots und Konten, Sparverträgen oder Lebensversicherungen.
- Der Gang zum Betreuungsgericht entfällt, da vorher alles geregelt ist und die bevollmächtigte Person Vertretungsberechtigt ist.
- Mit einer notariell beurkundeten Vollmacht genießen Dokumente besondere Akzeptanz und Rechtssicherheit bei Banken und Behörden.
Was passiert, wenn Sie keine Vorsorgevollmacht haben?
Ohne Vorsorgevollmacht ist es nicht möglich, dass eine andere Person für Sie entscheidet, falls Sie durch eine plötzliche Erkrankung, einen Unfalls oder eine altersbedingten Einschränkung handlungsunfähig werden. Weder Ehepartner noch die eigenen Kinder sind vertretungsberechtigt und dürfen keine Verträge abschließen, Konten verwalten oder medizinische Entscheidungen treffen. Das sollte man sich unbedingt bewusst machen. Die beste finanzielle Absicherung, Lebens- oder Unfallversicherung nutzt Ihnen nichts, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen bei vollem Bewusstsein zu treffen.
Die Folgen davon sind z.B.:
- Die langen Wartezeiten bei Gericht können psychische und finanzielle Belastungen der Familie mit sich bringen.
- Persönliche Wünsche wie z.B. der Umgang mit lebensverlängernden Maßnahmen werden möglicherweise nicht berücksichtigt.
- Das für die meisten Menschen unerfreulichste ist jedoch ist die Vorstellung, dass eine anonyme Instanz wie das Betreuungsgericht Entscheidungen trifft, die man selbst anders getroffen hätte.
Ich fasse nochmal zusammen: ohne Vorsorgevollmacht entscheidet im Fall der Fälle das Betreuungsgericht und nicht die Familie oder Freunde über den weiteren Verlauf Ihres Lebens. Das hat im Ernstfall gravierende Konsequenzen für die Selbstbestimmung und für das eigene Vermögen.
Sichern Sie sich daher rechtzeitig ab und richten Sie für sich selbst und für Ihre Angehörigen eine Vorsorgevollmacht ein.
Informieren Sie sich gerne auch dazu auf meiner Homepage stephancarmen.juradirekt.com
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